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Der folgende Bericht stammt von Hans Eichler, dem Besitzer der sicherlich ältesten Weihnachts-krippe in Sistrans. Er erzählt von der Restaurierung seines wertvollen Hausschatzes:

„Im Sommer 2003 stöberte der vielseitig interessierte sechsjährige Enkel Raphael mit mir in der Tenne auf der Reme (= Heuboden) herum. Seine Frage lautete: „Opa, was liegt da unter dieser Plane?“ Und das war der Start für eine „Wiedererweckung“ der Hauskrippe vom Mesmerhof.

Raphael gab keine Ruhe, bis ich eines Tages die Krippe von der Reme herunter holte. Mit einem Luftdruck-Kompressor putzten wir zuerst den Krippenberg von Staub, Stroh und Heu sauber. Leider mussten wir feststellen, dass die Stadt teilweise kaputt war, aber wichtige Teile waren noch vorhanden. Die Landschaft zeigte sich in einem sehr schlechten Zustand. Wasserschäden hatten Teile des gemalten Hintergrundes zerstört, denn vor vielen Jahren war ja bis zu einer Reparatur auch das Hausdach nicht ganz dicht. „Opa, hast du auch Figuren?“ lautete die nächste Frage Raphaels. Ich zeigte ihm eine Kiste, in der die geschnitzten Figuren verpackt waren. Der Kleine staunte, was da alles zum Vorschein kam: die heilige Familie, die Könige, Kamele, Reiter, Hirten, Engel und viele Schafe. Ich erklärte ihm, dass die Krippe ca. 50 – 52 Jahre nicht mehr aufgestellt worden ist.

Vor Weihnachten 2003 war dann im Gemeindesaal die 2. Krippenausstellung des Krippenvereines Sistrans. Ich besuchte diese Ausstellung und kam dabei mit dem Krippenbaumeister Seidner Ernst aus Ellbögen ins Gespräch. Ich bat ihn, meine alte Hauskrippe anzuschauen. Er sagte zu und war beim Besuch sehr begeistert. Seine Hinweis lautete: „Nicht viele Krippen gibt es, die in diesem Stil gebaut sind.“ Er zog zudem mehrere Experten hinzu, die auf Grund ihres Hintergrundwissens sehr behilflich waren, z.B. Hr. Pfarrer Mag. Silberberger Rudolf und Lanthaler Stefan aus Fulpmes. Die eingehende Beschäftigung mit meiner Krippe ergab, dass der Berg an die Bauweise aus dem Böhmischen erinnert. Ernst Seidner war damit einverstanden, auf meine Bitte hin die Krippe zu renovieren. Alle Fachleute waren sich einig, dass es sich um eine sehr seltene, alte Krippe handelt. Das Entstehungsjahr wurde zwischen 1830 und 1850 angesetzt.

Die Figuren konnten sie keinem Künstler namentlich zuordnen. Es drängte sich die Vermutung auf, dass sie von einem böhmischen Schnitzer stammen, der die Darstellungsart der Grödner vor Augen hatte. Immerhin gab es viele Händler aus Gröden, die ihre Südtiroler Ware bis ins Böhmische brachten. Und böhmische Händler trugen ihre heimischen Produkte wieder zurück bis nach Tirol. Auf diesem Wege kamen vermutlich meine Figuren nach Sistrans.

Die Renovierung des Hintergrundes gestaltete sich sehr schwierig, denn es waren nur mehr Reste vorhanden und diese sehr beschädigt. Die Restauratorin Simone Krug aus Ampass vollbrachte eine wahre Meisterleistung, immerhin gelang es ihr, die Landschaft originalgetreu zu restaurieren.

Fehlende kleine Teile der Figuren, z.B. Hände, Finger usw., schnitzte Christian Kienast aus Ellbögen nach. Mit viel Liebe und Einfühlungsvermögen wurden sie von Maria Seidner aus Ellbögen, die auch kleine, aber wichtige Details für Figuren nachbaute, gefasst. Manches Zaumzeug stammt so von Maria Seidner.

Die Erneuerung des Berges, manche Ersatzteile, einige Vergrößerungen (z.B. das Hirtenfeld), viele Fixierungen stammen alle von Seidner Ernst aus Ellbögen. Mit Fachwissen und viel Liebe und Verständnis für meine Krippe ließ er den Berg in neuer Pracht entstehen.

Allen, die mitgeholfen haben, dass der Traum von Raphael und – ich gestehe es – auch meiner Wirklichkeit wurde, danke ich sehr: dem Bergbauer Ernst Seidner und Maria Seidner für die Fassung, dem Schnitzer Christian Kienast, meinem Freund Josef Knoflach für die Bärenfigur und für die Ergänzung der Schafherde, der Landschaftsmalerin Simone Krug und nicht zuletzt den fachlichen Beratern Hr. Pfarrer Silberberger Rudolf und Hr. Lanthaler Stefan.

Ich lade alle ein, meine Weihnachtskrippe nach ihrer Wiedergeburt in der Weihnachtszeit 2004/05 zu besichtigen.“

Hans Eichler

Quelle:
Hans
Eichler, Mesmer
Ernst
Seidner, Ellbögen
Hw. Hr. Mag.
Rudolf Silberberger, Pfarrer in Fulpmes
Stefan Lanthaler, Fulpmes
Toni Triendl, Chronist in Sistrans, 2004/12

 


Anmerkung des Chronisten zur Mesmer-Krippe

Die Mesmer-Krippe ist sicherlich die älteste Weihnachtskrippe, die ab Weihnachten 2004 in Sistrans zu bewundern ist. Sie unterscheidet sich in einigen wesentlichen Dingen von den Krippen aus dem 20. Jhdt.:

1.  Die Schnitzart der Figuren ist abstrahierter, aber deshalb nicht weniger innig. Aus dieser Darstellungsart entwickelte sich über „Zwischengenerationen“ und im Laufe von ca. 80 bis 100 Jahren die Schnitzweise von Falschlunger Kaspar aus Patsch (Wieser-Krippe), Reindl Rupert aus Igls (Ziener-Krippe), Kuen Hermann aus Oberperfuss (Papstn-Krippe) und Herbert Larl aus Fulpmes (Krippe von Eisner Rosa), der als erfolgreicher Krippenschnitzer auch derzeit tätig ist.

2.  Ursprünglich gab es kein größeres Hirtenfeld, so wie es für die alten Tiroler Hauskrippen typisch war. Dafür stieg der Berg überraschend steil an und bot Platz für viele Details. Realität und Phantasie vermengen sich in vielen Beispielen. So gibt es auch eine Bärenhöhle mit einem Bären, einen fließenden Bach, der von einer Brücke überführt wird, sogar einen Wehrturm.

3. Der Hintergrund, also die Landschaft, war ursprünglich sehr beschädigt, wurde jedoch in liebevoller und gekonnter Kleinarbeit der Restauratorin Simone Krug ergänzt. Der linke Seitenteil wurde von ihr komplett neu geschaffen, aber in einer Weise, dass er sich von der ursprünglichen Landschaft farblich wie gestalterisch in keiner Weise unterscheidet.

4. Bemerkenswert ist die Darstellung der Bäume auf der Landschaft. Einerseits ist nicht genau festzustellen, um welche Baumart es sich handelt, andererseits ist ersichtlich, dass der Landschaftsmaler aus dem 19. Jhdt. die Palme noch nicht genau kannte. Aber alle dargestellten Gewächse passen bestens in die Landschaft.

5.  Die Mesmer-Krippe bietet Platz für eine Szene, die sonst so gut wie nie zu bewundert ist: die Beschneidung des Jesu-Knaben.

 Dazu wird vor dem 1. Jänner die Geburtsgruppe entfernt. Die Grotte wird in einen Tempel verwandelt. Dazu werden ein vergoldeter Baldachin sowie ein Samtvorhang in Rot angebracht. Die eingestellten Figuren zeigen die Beschneidung im Tempel von Jerusalem, in den die Grotte durch Baldachin und Vorhang verwandelt worden ist.

Der Hohe Priester ist wegen seines Brustschildes mit den Steinen der Stämme Israels leicht zu erkennen. Diese Bekleidung war sowohl dem Schnitzer als auch dem Figurenfasser von damals aus der Heiligen Schrift bekannt. Ihm zur Seite stehen Tempeldiener, die in der Art unserer Ministranten gekleidet sind. Hier spielte die Phantasie der Krippenkünstler des 19. Jahrhunderts mit, denn von einer Bekleidung der Tempeldiener wusste man nichts.

6. Ein Lob verdienen alle, die sich um die Beleuchtung der Krippe gekümmert haben. Das Licht ist stufenlos heller und dunkler zu schalten, aber immer in einem angenehmen Ton. Spots leuchten die wichtigsten Teile, z.B. den Stall, optimal aus.

7. Durch den eigenen Raum für die Krippe konnte eine angenehme, weihnachtliche Stimmung aufgebaut werden. Dazu gehören ein Christbaum, ein wunderschöner alter Schrank, die Wechselszene der Beschneidung und die „Schulkrippe“, die  von Eichler Hans mit ca. 14 Jahren unter Leitung von VD Gapp Franz gebaut worden ist.

 Der Beharrlichkeit von Raphael Eichler, einem sechsjährigen Enkel, dem Interesse von Eichler Hans für seine Hauskrippe und letztlich dem Können der vielen Restauratoren ist es zu verdanken, dass ein wertvolles Kulturgut erhalten blieb und in alter Schönheit zu bewundern ist. Danke allen!

Triendl Toni, Chronist, 2005/01